Herfried Münkler bringt in seinem aktuellen Buch die Herausforderungen, die sich für Deutschland und Europa aus den neuen Konstellation der Welt ergeben, auf den Punkt: Nach seiner Auffassung wird die im Entstehen begriffene Weltordnung
keine einer geeinten Menschheit mit den Vereinen Nationen als politischer Vertretung sein wird, wie man sich das zumal in Deutschland zeitweilig vorgestellt hat – sondern eine Ordnung der großen Mächte, die miteinander kooperieren wie konkurrieren und dabei ihren je eigenen Interessen folgen. Will Europa in diesem Mit- und Gegeneinander eine Rolle spielen, so muss es als geschlossener Block auftreten und mit einer Stimme sprechen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die europäischen Staaten von den anderen großen Mächten, den USA und China sowie Russland, nicht gegeneinander ausgespielt werden können. Für diese Geschlossenheit und Durchsetzungskraft zu sorgen, ist eine Aufgabe, die nicht zuletzt den deutschen Regierungen zufällt – sinnvollerweise in möglichst enger Kooperation mit der politischen Führung Frankreichs. Dass die deutsche Politik durch kluge Zurückhaltung dabei in der Vergangenheit fast alles richtig gemacht hat, ist keine Versicherung dafür, dass sie das auch in Zukunft tun wird, denn die Herausforderung der politischen Zukunft Europas sind andere als die der Vergangenheit, als es genügte, wesentlich auf wirtschaftliche Macht zu setzen und die in Brüssel zustande gekommenen Kompromisse zu einem erhebliches Teil zu finanzieren. In Zukunft wird Deutschland stärker führen müssen, und zwar durch politisches Vorangehen und weniger, jedenfalls nicht nur, durch das Finden von Kompromissen. Solches Vorangehen muss die deutsche Politik aber erst noch lernen.
Münkler, Die Welt in Aufruhr. Die Ordnung der Mächte in 21. Jahrhundert, 2023, S. 162
Es sind große Herausforderungen vor denen Europa steht. Die Neugestaltung der europäischen Sicherheitsarchitektur müsste angegangen werden. Selbst in Frankreich scheint man das mittlerweile begriffen zu haben. Nur aus Berlin kommt Schweigen.
Der deutsche Bundeskanzler hat sich mal verlautbaren lassen, wer bei ihm Führung bestelle, bekäme sie auch. Aber das ist schon lange her. Nach der Süddeutschen ist nun auch in der FAZ ein Artikel über Olaf Scholz erschienen, den man unter die Rubrik „Kanzlerdämmerung“ einsortieren könnte.
Last Updated on 26. January 2024 by Lupo
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