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Keine Zeit für Russlandromantik

Lesedauer 3 Minuten

In einem, wie ich finde, bemerkenswerten Beitrag warnt Anna Schiller im Newsletter “Der andere Blick” für die NZZ vor einem Wiedererstarken deutscher Russlandromantik. Einerseits hat Kanzler Friedrich Merz gleich zu Beginn seiner Amtszeit die klare außenpolitische Botschaft gesendet, dass Deutschland fest an der Seite der Ukraine steht – politisch, wirtschaftlich und moralisch. Der Kanzler reiste gleich in seiner ersten Woche nach Kyiv und machte unmissverständlich deutlich, dass Deutschland kein neutraler Vermittler, sondern ein aktiver Unterstützer der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland ist. Das Zaudern und Zögern der vergangenen Jahre soll sein Ende finden.

Doch der innenpolitische Konsens wackelt. In Teilen der Koalition und darüber hinaus formieren sich Stimmen, die erneut auf eine Annäherung an Russland drängen – sei es aus nostalgischer Ostpolitik-Romantik oder wirtschaftlichem Eigeninteresse. SPD-Politiker wie Ralf Stegner berufen sich auf historische Vorbilder wie Willy Brandt und fordern Gespräche mit Kreml-nahen Akteuren, selbst wenn Russland weiterhin ein aggressiver Angreifer ist.

Die russische Führung ist meilenweit davon entfernt, auch nur eines der von ihr begangenen Kriegsverbrechen in der Ukraine anzuerkennen – geschweige denn, dafür um Entschuldigung zu bitten. Das Morden ging selbst in der von Putin ausgerufenen Feuerpause weiter. Auf eine von aussen vorgeschlagene Waffenruhe liess er sich gar nicht erst ein. Die Russen geben stattdessen noch immer anderen die Schuld an dem Krieg, den sie aus freien Stücken begonnen haben: wahlweise der Nato oder einem imaginierten Naziregime in Kiew.

Andere wie Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer stellen gar die Sanktionen infrage und hoffen auf eine Reaktivierung von Nord Stream 2 – als wäre nichts geschehen.

Die Ostpolitiker und die Machtpolitiker haben eines gemeinsam: Sie sehnen sich nach der guten alten Zeit. Als Putin für die Deutschen noch ein lupenreiner Demokrat war. Als die deutsche Wirtschaft florierte, dank billigem Gas aus Russland. Doch schon damals war dies eine Illusion. Hätte man genau hingeschaut, wären Russlands Ambitionen zu erkennen gewesen, etwa am Krieg gegen Georgien oder an der Annexion der Krim. Und schon damals mahnten Deutschlands Verbündete von den USA bis zum Baltikum, dass es unklug sei, sich von Russland in Energiefragen abhängig zu machen.

Solche Signale sind gefährlich: Russland hat weder Reue noch Reformbereitschaft gezeigt. Stattdessen geht der Krieg gegen die Ukraine unvermindert weiter, begleitet von Kriegsverbrechen, Desinformation, Cyberattacken und Anschlagsplänen – auch gegen Ziele in Deutschland. Vertrauen lässt sich unter solchen Bedingungen nicht aufbauen, schon gar nicht bedingungslos. Dass man die zahlreichen Warnungen vor Russlands Expansionspolitik in Deutschland jahrzehntelang in den Wind geschlagen hat, war ein großer Fehler. “Nicht verzeihen lassen würde es sich jedoch, wenn Deutschland diesen Fehler ein zweites Mal begehen würde.”

Eine voreilige Kooperation mit Moskau würde nicht nur die Opfer des Krieges verraten, sondern auch Deutschlands sicherheitspolitische Glaubwürdigkeit untergraben. Wer heute nach Verständigung ruft, ohne Russland zur Verantwortung zu ziehen, läuft Gefahr, Putins Expansionsdrang weiter zu legitimieren – und damit Europa insgesamt zu destabilisieren.

Last Updated on 18. May 2025 by Lupo


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