Vor gut zwanzig Jahren, im Jahr 2004, erschien ihr erstes „Glossar der Gegenwart“. Die Herausgeber Ulrich Bröckling, Susanne Krasmann und Thomas Lemke untersuchten in dem philosophisch-soziologisches Werk die Begriffe und Phänomene unserer damaligen modernen Gesellschaft. In ihrem Glossar unternahmen sie die kritische Analyse der Schlüsselbegriffe, die unsere Zeit prägten und hinterfragten die dahinterliegenden sozialen, kulturellen und politischen Strukturen.
Ulrich Bröckling ist Professor für Kultursoziologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, seine Kollegin Susanne Krasmann lehrt als Professorin Soziologie an der Universität Hamburg, Thomas Lemke ist Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt Biotechnologie, Natur und Gesellschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Mit dem jüngst erschienenen „Glossar der Gegenwart 2.0“ schreiben die Herausgeber ihr Glossar nun zwanzig Jahre später, nach einer Weltfinanzkrise, im Zeichen des Aufstiegs rechtspopulistischer Parteien sowie der inzwischen deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels, fort.
Untersucht und dekonstruiert werden darunter Begriffe wie „Resilienz“, „Autonomie“ oder „Flexibilität“, die in der modernen Diskurslandschaft häufig verwendet werden. Die Herausgeber beleuchten, wie diese Begriffe in der Gesellschaft eingesetzt werden, welche Machtstrukturen sie reflektieren und wie sie das Verhalten und die Wahrnehmung der Menschen beeinflussen.
Angelegt ist das Glossar interdisziplinär, es verbindet Ansätze aus Soziologie, Philosophie, Kulturwissenschaft und Politikwissenschaft. Geschickt nutzt das Glossar diese interdisziplinäre Perspektive, um die Begriffe umfassend zu analysieren und ihre Komplexität aufzuzeigen.
Dabei wird deutlich, wie die in im Glossar der Gegenwart behandelten Begriffe zur Stabilisierung und Legitimation gesellschaftlicher Machtverhältnisse beitragen. Es zeigt sich, wie sie in politischen Diskursen und im Alltagsleben verwendet werden, um bestimmte Ideologien zu stärken.
Das Glossar ist auch ein Versuch, die Dynamik und die Veränderungen in der modernen Gesellschaft zu erfassen. Das Werk zeigt, wie sich Begriffe im Laufe der Zeit wandeln und welche neuen Bedeutungen sie in der Gegenwart annehmen.
Letztlich bietet das „Glossar der Gegenwart 2.0“ auch eine tiefgehende Analyse und Kritik der modernen Gesellschaft und ihrer Schlüsselbegriffe. Es lädt Leser dazu ein, die Begriffe, die sie täglich verwenden und hören, kritisch zu hinterfragen und ihre eigene Rolle in den gesellschaftlichen Strukturen zu reflektieren. In dem neuen „Glossar der Gegenwart 2.0“ finden sich neue Leitbegriffe wieder: »Disruption« tritt an die Stelle von „Normalität“, „das Planetare“ löst „Globalisierung“ ab, „Resilienz“ ersetzt „Prävention“. Andere aktuelle Begriffe unserer heutigen Zeit wie „Dekolonisierung“ oder „postfaktisch“ haben im Vorgängerband 2004 noch gar keine Entsprechung gefunden.
Damit ist das hochaktuelle Glossar auch ein Gradmesser unserer Zeit.
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Bröckling/Krasmann/Lemke (Hg.), Glossar der Gegenwart 2.0, 428 S., Berlin 2024, ist im Suhrkamp-Verlag erschienen und kostet 24 EUR
Last Updated on 18. August 2024 by Lupo
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