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Aufgelesen: Lupos Lesewoche #12

Lesedauer 4 Minuten

Heute ist Europa-Wahl. Auch wenn die unterirdischen Kampagnen der demokratischen Parteien in Deutschland es kaum vermuten lassen: Es ist eine wichtige Wahl.

In Georgien kämpfen gerade Menschen unter Einsatz ihrer Gesundheit für ihren Traum, zu diesem Europa dazugehören zu können. Umso befremdlicher ist es für sie zu lesen, dass auch georgische Polizisten, die brutal gegen Demonstrationen in Tbilisi und anderswo vorgehen, während der Europameisterschaft 2024 in Deutschland unterwegs sein dürfen.


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Die EU-Kommission hat in dieser Woche beschlossen, in die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau einzusteigen.
Konrad Schuller macht in der FAS eine wichtige und lesenswerte Bestandsaufnahme über die Ukraine und ihre Fortschritte auf dem Weg in die EU. Lesenswert auch deshalb, weil sie mit vielen Vorurteilen, die von interessierter Seite gestreut wird, aufräumt. Stichwort: Korruption, Stichwort: Oligarchie. Die Korruption ist auf dem Rückzug. So berichtet die Organisation Transparency International, dass die Ukraine in den zehn Jahren seit der Maidan-Revolution im Weltvergleich von Platz 144 auf 104 vorgerückt ist, und von 2023 auf 2024 hat sie sich stärker verbessert als jedes andere Land der Welt. Erhebungen anderer Institute bestätigen den Befund.

Korruption ist nicht mehr das System, aber im System gibt es noch Korruption. Die „Demoligarchie“ der Zeit vor Selenskyj ist passé und einer vitalen „Demokratie unter Bomben“ gewichen. In der Freiheits-Rangliste von „Freedom House“ rangiert die Ukraine im Mittelfeld – nahe an Indien, Mexiko oder Ungarn. Die EU-Kommission schreibt, die Zahl der Übergriffe gegen nationale und sexuelle Minderheiten sei stark zurückgegangen, und dem Institut IRI zufolge wollen 77 Prozent der Ukrainer EU und NATO beitreten.

Auch die demokratischen Reformen im Land, die seit dem Maidan in 2014 angestrengt wurden, gehen weiter.

Die Zeit der Oligarchen, die früher mit ihren Industriemonopolen, ihren gekauften Ministern und Präsidenten, ihren Fußballklubs und Fernsehsendern den Staat beherrschten, ist vorbei. Der reichste unter ihnen, der Stahl- und Kohlemagnat Rinat Achmetow, ist nur noch ein Schatten seiner selbst, seit seine wertvollsten Gruben und Kokereien von den Russen besetzt oder zerstört worden sind. Andere sind im Gefängnis oder haben das Land verlassen.

Natürlich gibt es noch viel zu tun, aber die Anstrengungen bislang unter schwersten Bedingungen unter einem erbarmungslosen Angriffskrieg gilt es zu würdigen. Die Ukraine ist auf einem guten Weg.

Україна – це Європа.

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Der französische Präsident Macron hat dieser Tage die Lieferung von Mirage-Kampfflugzeugen für die Ukraine. Gleichzeitig schmieden die Franzosen eine Koalition, die Militärausbilder in die Ukraine schicken will. Claudia Mayor geht der französischen disruptiven Zeitenwende nach.

Mittlerweile erkennt Frankreich an, dass seine Russland-Politik gescheitert ist. Als Grundlage des neuen Kurses gilt die Rede, die Macron Ende Mai 2023 in Bratislava hielt. Darin entschuldigte er sich für die früheren Fehleinschätzungen und schloss eine schnelle Rückkehr zur Normalität mit Russland aus. Seit Kriegsbeginn 2022 änderte sich seine Rhetorik – von »Russland darf nicht gedemütigt werden« (Juni 2022) über »Russland darf nicht siegen« (Februar 2023) bis zu »die Niederlage Russlands ist unerlässlich« (Februar 2024).

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Peter Jungblut schreibt für den BR über das Unbehagen, das sich in der russischen Militärbloggerszene über den Verlauf der sogenannten Speziellen militärischen Operation in der Ukraine breit macht.

„Es ist anzumerken, dass unsere Offensive in der Region Charkow bereits ins Stocken geraten ist und die ganze Idee, eine Art Pufferzone zu schaffen, sich in eine Farce verwandelt”, so eine düstere russische Prognose: “Stattdessen werden die Ukrainer dank der Aufhebung der Beschränkungen [des Westens] für Angriffe auf Russland bald damit beginnen, eine solche Pufferzone in den russischen Grenzregionen zu schaffen.”

In Moskau, so heisst es weiter, mache sich Ratlosigkeit breit. 

„Den heimischen russischen ‘Falken” beginnt zu dämmern, dass sich die westlichen ‘Tauben’ als ‘Adler’ erweisen. Faul, schläfrig, fett, aber Adler. Und ein Falke hat gegen einen Adler keine Chance. Jetzt wollen sie verhandeln. Aber ohne territoriale Zugeständnisse des Kremls wird es keine Vereinbarungen geben, und Putin will keine Zugeständnisse machen. Die Falken wissen das, aber sie können Putin nicht direkt etwas darüber ins Gesicht sagen…“

Außer Scholz scheint niemand mehr Angst vor ihnen zu haben. 

und jetzt: Auf zur Wahl!

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Geschrieben aus Frankfurt am Main, Altstadt, Deutschland.

Last Updated on 9. Juni 2024 by Lupo


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