„Bruch in der Zeit“

Lesedauer 2 Minuten

Unter dem Titel “Krieg in Europa – Und was er für uns bedeutet“ hatte die “Stiftung Demokratie Saarland“ gestern den renommierten Politkwissenschaftler Professor Herfried Münkler online zu Gast. Münkler gab eine kurze Zusammenfassung über die Zusammenhänge des gegenwärtigen Krieges Russlands gegen die Ukraine, erörterte vor diesem Hintergrund den von Olaf Scholz gebrauchten Begriff einer Zeitenwende und gab einen kleinen – zugegeben finsteren – Ausblick auf die Folgen für die kommende Zeit.

Putin hat sich, so Münkler, mit seinem Angriff auf die Ukraine verrechnet. Die beabsichtigte Luftlandeaktion in Kiew mit dem Ziel, die Kontrolle über das Land zu übernehmen und die Regierung abzusetzen und durch eine Marionettenregierung auszutauschen hat nicht funktioniert. Das Ziel, die Intervention innerhalb von zwei bis drei Tagen über die Bühne zu bringen, sei gescheitert. Putin sei nun gezwungen, seine Ziele zu ändern, wobei er auch angesichts der Wirtschaftssanktionen unter erheblichem Zeitdruck steht. Nunmehr muss mit einer erheblichen Eskalation der Gewalt gerechnet werden, da ein Häuserkampf vermieden werden soll, da die Russen hier mit massiven Verlusten rechnen, wird es zu einer massiven Bombardierung von Städten und zivilen Zielen kommen. Die Perspektiven für die Ukraine sind im Falle einer russischen Übernahme düster. Putin wird einen Trümmerhaufen übernehmen, den er aus eigenen Mitteln nicht aufbauen könne. Die EU werde eine russisch gesteuerte Ukraine auch nicht unterstützen.

Putins Militärische Macht wirkt nur kurzfristig, die wirtschaftliche Macht des Westens hingegen wirkt langfristig aber massiv. Putin könnte daher mit der Zeit in Nachteil geraten. Er muss daher den Krieg jetzt eskalieren, damit er den Krieg nicht über Monate führen muss, denn dann wird die wirtschaftliche Macht sehr viel stärker greifen.

Der russische Überfall auf die Ukraine markiert gemeinhin eine Zeitenwende. Für Münkler ist das ein “Bruch in der Zeit“ in ein davor und ein danach. Der Krieg markiere deswegen eine Zäsur, weil er das Ende der Werte- und Regelbasierten Weltordnung sei, die man versucht hat seit 1989 zu etablieren. Man hat jetzt feststellen müssen, dass sich eine Seite davon losgesagt und entschieden habe, sich nicht mehr daran zu halten. Das hat nunmehr gravierende Folgen. Das bisher geltende “wechselseitige Vertrauen“ wird ersetzt durch ein “generalisiertes Misstrauen“. Die Welt zerfällt wieder in Einflusszonen, die des Westens, mit USA, Kanada, Europa, die Russlands, Chinas und Indiens. Die Welt wird in Zukunft wieder kleiner sein als in der Zeit der Globalisierung, jeder ist bedacht, das Portfolio seiner Macht zu füllen um viele Optionen zu haben. Das hat sich, so Münkler in seinem Schluß, bereits verschiedentlich angedeutet, mit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine sei es politisch scharf geschaltet worden.

Den ganzen Vortrag kann man sich auf dem Youtube-Kanal der Stiftung Demokratie Saarland anschauen.

Last Updated on 24. April 2022 by Lupo


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1 response

  1. […] durch die Medien. Der Politikwissenschaftler Heribert Münkler hat es aufgegriffen und von einem „Bruch in der Zeit“ gesprochen, einem Bruch, der die Zeit in ein „davor“ und ein „danach“ teilt. […]

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